Wer von Ihnen hat schon einmal den Luxus genossen, in einem Raum alleine oder zu zweit arbeiten zu dürfen? Hände hoch! Wie ich mir dachte, nicht sehr viele.
Als 1958 das „Quickborner Team“ die „Bürolandschaft“ erfand, lagen die Vorteile des offenen Büros auf der Hand: weniger Kosten, mehr Kommunikation, höhere Effizienz und Produktivität der MitarbeiterInnen durch Transparenz der Arbeitsschritte und durch gegenseitige Kontrolle.
Probleme im Großraumbüro
Dem Gegenüber stehen Probleme, die bis heute nicht gelöst sind: an vorderster Stelle der hohe Geräuschpegel durch Gespräche und Telefonate im Hintergrund. Aber auch trockene oder schlechte Luft, Probleme mit der Temperatur, ungenügendes Licht und Zugluft wurden von knapp 600 Angestellten in Wien und Niederösterreich genannt, die an einer Studie der Forschung- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA) teilgenommen haben.
Das Dogma des Großraumbüros hält sich dagegen fast unwidersprochen, neue Trends in der Bürogestaltung vergrößern sogar die bestehenden Probleme. Beim „desk sharing“ oder „hot desking“ verfügen die Angestellten – um die arbeits- und krankheitsbedingten Leerstände zu verringern – nicht einmal mehr über einen eigenen Arbeitsplatz. Wer morgens zur Arbeit kommt, muss sich erst einmal einen Arbeitsplatz suchen bevor die Arbeit beginnen kann – nach dem Motto. „Der frühe Vogel fängt den Wurm.“
Eine Studie der Universität Stockholm unter 2000 Angestellten hat hingegen gezeigt, dass in Großraumbüros, in denen die Leute nicht einmal mehr einen festen Arbeitstisch haben, die Fehlzeiten fast doppelt so hoch sind wie in kleineren Büros.
Die FORBA hat im Jahr 2009 erhoben, was MitarbeiterInnen wünschen: Zufrieden am Arbeitsplatz sind diejenigen, die bei der Gestaltung von Büro und Arbeitsabläufen mitsprechen dürfen. Ein fixer Schreibtisch und die Möglichkeit, den eigenen Arbeitsplatz persönlich zu gestalten, mit Familienfotos, Pflanzen und ähnlichem, sorgen ebenfalls dafür, dass sich die MitarbeiterInnen wohlfühlen.
Wie sieht nun die Praxis aus? In Zeiten der unproblematischen Telearbeit durch die modernen Telekommunikationsmedien ziehen sich immer mehr ArbeitnehmerInnen in die eigenen vier Wände zurück, wenn sie konzentriert arbeiten müssen. Eine Lösung ist das natürlich nur, wenn das vom Arbeitgeber genehmigt wird, ansonsten müssen konzentrierte Arbeiten in die Nachtstunden oder auf das Wochenende verschoben werden.
Tipps für das Arbeiten im Großraumbüro
Ich habe Ihnen 6 Tipps zusammengestellt, wie Sie den Alltag im Großraumbüro unbeschadet überstehen können und trotzdem produktiv sein können:
1. Stellen Sie Regeln auf. Einigen Sie sich mit Ihren KollegInnen auf einige Spielregeln, die von allen eingehalten werden. Damit reduzieren Sie die Störfaktoren massiv. Solche Regeln könnten sein:
- Lange Telefongespräche werden nicht im Großraumbüro geführt, sondern draußen.
- Besprechungen finden im Besprechungszimmer statt, kurze Gespräche im Großraum nur leise.
- Privatgespräche werden in der Pausenräumen geführt.
- Niemand ruft quer durch den Raum etwas den KollegInnen zu.
- Mobiltelefone werden auf Vibration gestellt.
- Geruchsintensive Speisen werden nicht am Arbeitsplatz gegessen.
- Falls jemand lüften möchte, werden die KollegInnen zuvor gefragt.
- Wer krank ist, spielt nicht den Helden, sondern bleibt zu Hause.
2. Sichern Sie sich einen Arbeitsplatz am Rande der Bürolandschaft, an dem Sie mit dem Rücken zur Wand sitzen können oder mit Blick auf dem Fenster.
3. Genehmigen Sie sich Inselzeiten. Wenn Sie ungestört sein möchten, kleben Sie einen Zettel an den Sessel: „Bitte nicht stören. Ich bin ab 14:00 Uhr wieder für euch da.“
4. Sorgen Sie für sich selbst. Müssen Sie sich konzentrieren sorgen Sie selbst für eine passende Umgebung: Suchen Sie sich einen freien Besprechungsraum, benutzen Sie Kopfhörer oder Ohropax, vielleicht können Sie das Telefon für eine gewisse Zeit ausschalten.
5. Sorgen Sie für Abwechslung. Besuchen Sie einen Kollegen einmal in einer anderen Abteilung anstatt ihn anzurufen, machen Sie mal Pause und gehen ein paar Schritte oder essen Sie auswärts.
6. Grenzen Sie sich ab. Beteiligen Sie sich nicht an jedem Büroklatsch oder stimmen Sie nicht in die allgemeine Jammerei ein. Das stört Sie nur in Ihrer Konzentration und lässt Sie die Stimmungen der Mehrheit übernehmen.
Links:
- ORF Science: Vom Fließband zum Großraumbüro
- Süddeutsche Zeitung: Eingekastelt im Billig-Büro-Würfel
- FORBA-Forschungsbericht 3/2010: Work-Space. Evaluierung von räumlichen Arbeitsbedingungen in Unternehmen.