Ein eigenes Unternehmen gründen bedeutet das Verlassen der gewohnten Strukturen und eine Reise ins Unbekannte. Die Lebensrealitäten von Gründerinnen unterscheiden sich aber nochmals von dem, was wir durch Hörensagen oder vom Fernsehen über den Alltag von Selbständigen kennen. Denn diese Erzählungen spiegeln sehr oft das Bild von männlichen Kleinunternehmern mit zwei bis drei Mitarbeiter*innen wider.
Wir sehen nun die Lebensrealitäten von Gründerinnen aus?
Wir werfen zunächst einen Blick auf die Fakten:
Es gibt 357.285 Ein-Personen-Unternehmen, d.h. Unternehmen ohne unselbständig Beschäftigte in Österreich. Das sind rund 61,1 % der Unternehmen in Österreich. Ein*e Ein-Personen-Unternehmer*in (EPU) kümmert sich in der Regel und vor allem gerade am Beginn um sämtliche unternehmerische Tätigkeiten selbst. Das wären neben der eigentlichen Tätigkeit mit und für Kund*innen, auch Kund*innenakquisition, Marketing, Buchhaltung oder Vertrieb.
Mittlerweile sind bereits 51,2 % der EPU weiblich. Das Durchschnittsalter der Gründerinnen liegt bei 47,3 Jahren.
Viele Frauen (und Männer) fragen sich in der Lebensmitte, ob es das schon gewesen sein soll. Meistens wurden in einer ersten Karriere wertvolle Erfahrungen gesammelt und nach einem Karrierebruch – bei Frauen meistens die Geburt einer oder mehrerer Kinder – ist ein wenig flexibles Anstellungsverhältnis nach der Elternkarenz auf Dauer nicht mehr erstrebenswert.
Erschwerend kommt bei Frauen hinzu, dass mit einer Elternkarenz auch ein Einbruch der Karriere einhergeht. Frauen müssen nach der Rückkehr mit weniger Gehalt und weniger Arbeitsstunden beim alten Arbeitgeber neu beginnen. So verdienen Frauen auch nach zehn Jahren nach der Geburt des Kindes im Vergleich zum Mann nur die Hälfte.
Was sind die Motive für eine Gründung?
Nicht verwunderlich ist es, dass Frauen auf die Frage nach den Gründen für eine Unternehmensgründung folgende drei Antworten am häufigsten geben:
- Eine eigene Geschäftsidee umsetzen,
- Freiheit und Unabhängigkeit und
- Selbstverwirklichung.
Am seltensten werden hingegen ein hohes Einkommen, Anerkennung und Ansehen sowie bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Pull-Faktoren genannt. Und hier liegt schon ein Denkfehler begraben – aber dazu etwas später.
Welche Ängste haben Gründerinnen?
Obwohl Gründerinnen in der Regel keinen großen Wert auf ein hohes Einkommen legen, sehen sie eine gute soziale und gesundheitliche Absicherung und die zu hohen Kosten für Abgaben als größter Herausforderungen als EPU. Danach kommen bereits die Angst vor dem Selbstmarketing und vor dem Überforderung durch vielfältige Anforderungen. In den Top 5 findet sich dann erneut die Befürchtung von finanziellen Problemen aufgrund von wenig Umsatz und Einkommen.
Wie kann es also sein, dass Frauen finanzielle Probleme fürchten, aber dennoch ein hohes Einkommen nicht als wichtig erachten?
Geringer Geschäftserfolg als selbsterfüllende Prophezeiung?
In einer Umfrage unter Unternehmerinnen gaben 2017 70 Prozent an weniger als € 20.000.- netto im Jahr zu verdienen. 21 Prozent verdienten gar weniger als € 6.000.- im Jahr und 26 Prozent zwischen € 6.000 und € 12.000.-.
Diese Unternehmerinnen benötigen also entweder noch zusätzlich ein Gehalt aus einer Anstellung oder müssen sich auf den/die Lebenspartner*in verlassen, um über die Runden zu kommen.
Im Vergleich dazu waren 2018/19 82 Prozent der Ein-Personen-Unternehmer*innen hauptberuflich als EPU tätig und nur 18 Prozent hybrid, also nebenberuflich. 62 Prozent üben diese Tätigkeit auch nach eigenen Angaben vollberuflich aus.
Zahlt sich Gründen für Frauen überhaupt aus oder ist es eine Fahrkarte in die Altersarmut?
Grundsätzlich sei allen potenziellen Gründerinnen gesagt: Mit dem richtigen Geschäftsmodell und viel Engagement kann man von einem Ein-Personen-Unternehmen gut leben, egal für welche Branche man sich entscheidet.
Frauen gründen zwar immer noch bevorzugt in traditionellen Bereichen, wie z.B. in Gesundheitsberufen, im Handel oder bei Beratungsdienstleistungen. Dennoch kann man auch hier erfolgreich sein und finanziell unabhängig leben.
Warum Frauen sich mehr zutrauen sollten.
An den oben dargestellten Zahlen sieht man, dass zwischen den selbständigen Frauen und dem finanziell guten Leben etwas steht – und zwar ist es das fehlende Commitment zum wirtschaftliche Erfolg.
Man könnte meinen, dass es Frauen in den 2020er-Jahren noch immer nicht schicklich ist, an Finanzen interessiert zu sein. Fortschrittliche Medien propagieren das Frauenbild einer Powerfrau und Alleskönnerin, dennoch scheint dies nicht mit einem finanziellen Erfolg verbunden zu sein.
Gelebte Familienmodelle in Österreich sind noch immer traditionell. Das heißt, wenn es nicht anders vereinbart wurde, kümmern sich in heterosexuellen Partnerschaften die männlichen Lebenspartner fast ausschließlich um die Erwerbsarbeit während die Frau mehrere Aufgaben gleichzeitig jongliert: Arbeit, Familie, Haushalt und Freizeit.
Für Gründerinnen, die ihre Ideen verwirklichen wollen, aber auch noch immer die Hauptlast der Familienarbeit tragen, gilt es hier eine Entscheidung zu treffen:
Will ich mich in Zukunft um meine Familie kümmern und nebenher flexibel arbeiten oder will ich meine beruflichen Ideen verfolgen und die Reproduktionsarbeiten zusammen mit den anderen Mitgliedern der Familie managen?
Viele Frauen scheuen sich, diese Entscheidung zu treffen und verharren in einem Alltag, in der alles gleichberechtigt zu geschehen hat. Im Klartext heißt das, sie managen ihren Beruf um die Kinder und den Haushalt herum.
Für ein Unternehmen bedeutet das aber auch, dass keine kontinuierliche Geschäftsentwicklung passieren kann, weil andere Lebensziele damit in Konkurrenz treten und letztendlich zu wenig Zeit vorhanden ist. Das Unternehmen bleibt zwangsläufig eine Nebenbeschäftigung. Das unternehmerische Leben passiert in Schüben und ist zu unstet, um sich auf dem Markt gut zu positionieren. Das Resultat ist wenig Umsatz, wenig Einkommen, damit eine schlechte Absicherung in Krisenzeiten und Abhängigkeiten.
Wie lautet die Lösung?
Potenziellen Gründerinnen ist anzuraten, ihre Geschäftsidee im Vorfeld genau zu überprüfen: Und zwar nicht nur – wie es üblich ist – ob es eine kaufbereite Zielgruppe dafür gibt, sondern auch, ob die Geschäftsidee auch finanziell bestehen kann. Denn nur, weil man Kund*innen dafür interessieren kann, heißt es noch nicht, dass man davon mittelfristig auch gut leben kann.
Am besten wäre es, wenn Gründerinnen ihre Geschäftsidee mit einem/r erfahrenen Berater*in, die/der ehrliches Feedback gibt, durchspielt. Dies sind nur einige der Fragen, die es zu beantworten gilt.
Finde ich genügend Kund*innen, die mir für meine Idee soviel zahlen können, dass ich davon leben kann?
Wie und wo finde ich diese Kund*innen?
Wie sieht meine geschäftliche Strategie aus?
Wie viel Zeit und Geld muss ich dafür investieren?
Denn nichts ist schlimmer, ohne Planung loszulegen und nach Jahren der Mühe und vielen Investitionen zu erkennen, dass man keine Chance auf wirtschaftlichen Erfolg hat.
Falls Sie überlegen, ein eigenes Unternehmen zu gründen, geben Sie sich einen Ruck und nehmen Sie Kontakt zu mir auf!
Gemeinsam können wir einen Plan entwerfen, wie Sie aus Ihrer Geschäftsidee ein kleines florierendes Unternehmen machen können!
Weiterführende Links:
EPU: Zahlen, Daten, Fakten, 12/2023
Buchtipp: Verena Florian, Mut zum Rollentausch, Falter Verlag