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Weniger ist mehr - auch zu Weihnachten

Weniger ist mehr – auch zu Weihnachten

Seit Ende November ist um mich herum ein Wirbelsturm ausgebrochen: Die meisten Menschen, die ich kenne, haben sich – wie jedes Jahr – entschlossen, dem unvermeidbaren beruflichen Stress am Jahresende eine Krone aufzusetzen, um die eigenen vier Wände in Rot, Gold und Glitzer erstrahlen zu lassen, jede bekannte Seele im Umkreis mit Geschenken zu überhäufen und sich bei Wettbewerben im „Wer backt mehr Sorten Weihnachtskekse?“ zu überflügeln. Und das, ganz ohne Zwang.

Die Straßen in der Innenstadt, aber auch in den Wohngebieten sind zur Zeit Tag und Nacht hell erleuchtet mit tropfenden Eiszapfen, Schlitten gezogen von Rentieren und kletternden Weihnachtsmännern. Durch die Luft ziehen Schwaden an Glühweinduft, der allein schon betrunken macht. Und zu guter Letzt wird man allerorts – von der Arztpraxis bis auf’s stille Örtchen mit Weihnachtsliedern beschallt.

Ich weiß, ich mache mich hier gerade unbeliebt. Ich vermeide „Weihnachten“ so gut es geht. Ich verzichte auf Weihnachtsdekor, trinke nicht an Punschständen und seit Jahren schenken sich die Erwachsenen in der Familie nichts mehr. Wir sind sozusagen ausgestiegen.

Für mich ist Weihnachten weder ein Fest der Götze Konsum noch ein religiöses. Ich werde hier auch sicher nicht in die Fußstapfen jener treten, die fordern, sich auf die eigentliche Bedeutung von Weihnachten zurückzubesinnen.

Für mich bedeutet Weihnachten das Ende eines Jahres: Zeit um sich zu entspannen, in sich zu horchen und Bilanz des vergangenen Jahres zu ziehen. Dazu benötige ich weder tot Bäume noch Konsumartikel, die ich mir nie gewünscht habe. Ich brauche einige Tage mit mir, mit Familie und FreundInnen, in Ruhe und Gelassenheit. Nichts weiter!

Weniger ist mehr.

Ich halte wenig davon sich bis einschließlich 24. Dezember abzustrampeln und zu versuchen, es allen recht zu machen, um dann völlig erschöpft beim Weihnachtsessen zu sitzen und sich einfach nur weit weg zu wünschen.

Zu Weihnachten schenkt uns unser Staat bzw. die Mehrheitsreligion einige Tage ohne Arbeit. Wie können wir diese Tage am besten nutzen? Mit Geschenken einfachen, auspacken und umtauschen oder mit Zeit gemeinsam zu verbringen und miteinander reden?

Nun werden einige sicher sagen: „Ich habe aber nicht die Möglichkeit auszusteigen.“ Ja und zu Recht. Der Ausstieg muss eine Gemeinschaftsentscheidung sein und kann nicht von einer Person der Familie ohne Gespräch verordnet werden. Die Kinder möchten den unverdorbenen Zauber von Weihnachten weiterhin genießen und auch das gemeinsame Feiern, Singen, Essen und Trinken gehört zur Tradition.

Zeit sinnvoll nutzen.

Was aber geht, ist den Aufwand zu minimieren: Weniger Geld für Dinge auszugeben und mehr Wert auf gemeinsame Aktivitäten zu legen. Die geschenkte Zeit zu nutzen und sinnvoll zu verbringen. Traditionen können und dürfen hinterfragt uns auch verändert werden.

Ich habe Ihnen einige Anregungen zusammengestellt, wie es auch einfacher und leichter gehen könnte:

1. Nicht jedem, den Sie kennen, müssen Sie etwas schenken.

Sind wir doch ehrlich? Haben wir Erwachsene nicht schon alles, was wir zu einem guten Leben brauchen? Wozu die dritte Kaffeemaschine oder der Nasenhaarentferner?

Machen Sie sich eine Liste von jenen Erwachsenen (Kinder sind hier ausgenommen!), denen Sie wirklich etwas schenken möchten. Wollen Sie Ihrem Chef etwas schenken oder der Nachbarin? Müssen Sie ein Geschenk kaufen, weil Sie wissen, dass Sie auch eines bekommen werden? Nein!

2. Verzichten Sie auf Dekoration.

Stehen Sie auf Kitsch? Mögen Sie es bunt und glitzernd? Ja? Gut! Hängen Sie so viele Christbaumkugeln auf, wie Sie wollen! Mögen Sie das aber nicht, dann beschränken Sie den Dekor auf einige wenige schöne Dinge oder lassen es ganz weg! Die Wohnung ist Ihr Wohlfühlort, niemand kann Ihnen vorschreiben, wie sie auszusehen hat.

Mögen Sie keinen toten Baum in der Wohnung stehen haben, den die Katze umwirft und der schon nach drei Tagen seine Nadeln verliert? Kümmern Sie sich um Alternativen aus z.B. Holz, investieren Sie in einen lebenden Baum oder lassen ihn weg. Dasselbe gilt natürlich für die Außendekoration – Ihre Stromrechnung wird es Ihnen danken!

3. Brechen Sie mit der Weihnachtsgans und dem Weihnachtskarpfen.

Haben Sie keine Lust, am 24. Dezember den ganzen Tag in der Küche zu stehen, damit die Gans oder der Karpfen auf den Tisch kommt, den eigentlich nur die Tante und der Opa mag? Diese opulenten und fetten Gerichte kommen aus einer Zeit, in der man sich nur zwei oder drei Mal im Jahr ein Festessen leisten konnte. Heute ist das fast immer möglich. Nach vier langen Wochen mit Keksen und Punsch sind alle schon übervoll mit Fett und Zucker.

Fragen sie doch einmal in die Runde, ob die Familie nicht etwas leichteres und schnelleres Essen möchte oder etwas, woran sich alle beteiligen können, wie z.B. Raclette? Verbringen Sie die Zeit lieber mit Spielen oder Spazieren gehen als mit Kochen und Fernsehen.

4. Minimieren Sie Ihr Weihnachtsbudget.

Sie geben jedes Jahr mehr Geld für Geschenke aus? Die Kinder werden größer und damit auch ihre Wünsche? Deckeln Sie doch Ihr Budget für Geschenke pro Person. Oder Sie verzichten aus Geschenke und planen mit diesem Geld eine Aktivität, die der ganzen Familie gefällt. Wie wäre es statt dessen mit ein paar Tagen auf einer Almhütte oder in einer Therme?

Schenken Sie den Erwachsenen, die auf der Liste stehen (siehe Punkt 1) Selbstgemachtes, dass Sie schon rechtzeitig vorbereitet haben, wie Marmeladen, Kekse oder selbst hergestellte Pflegeprodukte oder Gutscheine für gemeinsam verbrachte Zeit wie ein Kaffeehausbesuch oder Hilfe beim Siedeln.

5. Meiden Sie Punschstände.

Viele Ihrer Freundinnen und Freunde möchten sich vor Weihnachten noch einmal mit Ihnen treffen. Ganz selbstverständlich wird ein Weihnachtsmarkt dafür vorgeschlagen. Sie möchten sich aber unterhalten und sich nicht im Gedränge bei überzuckertem Punsch aus dem Plastikcontainer anschreien? Laden Sie doch Ihre FreundInnen zu selbstgerechten Punsch zu sich nach Hause ein. Es ist kostet weniger, Sie wissen genau, was Sie trinken und vor allem, es ist wärmer.

Sie sehen, weniger kann auch mehr sein. Auch ohne Komplettausstieg aus Weihnachten gibt es Möglichkeiten, die Feiertage entspannt und mit Freude zu genießen. Probieren Sie es einmal aus!

Schöne Feiertage und gute Erholung!