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Ich habe vor kurzer Zeit einen Vortrag über die Vor- und Nachteile des Arbeitens im Home Office vor Selbständigen und Angestellten gehalten. Sinnvollerweise habe ich ihn gleich zu einem Artikel verarbeitet: Das Home Office wird in letzter Zeit als sehr produktive und flexible Abwechslung zum Arbeiten im Büro oder Coworking immer beliebter. Selbständige wie ich nutzen den bereits vorhandenen und nicht gebrauchten Wohnraum um Kosten zu sparen und Angestellte nutzen die Ungestörtheit der eigenen vier Wände um produktiver zu sein oder die Kinderbetreuung besser managen zu können.

Doch das Home Office kann Fluch und Segen zugleich sein, wie die International Labour Organisation der UN (ILO) vor einem Jahr diagnostizierte: Die Arbeit von zu Hause führt oft zu mehr Arbeitsbelastung, längeren Arbeitszeiten und einem Verschwimmen von Arbeit und freier Zeit. Als positive Effekte listet die ILO weniger Fahrtzeiten von und zum Arbeitsplatz, mehr Autonomie die eigene Arbeitszeit einteilen zu können, bessere Work-Life-Balance und eine höhere Produktivität auf.

Mittlerweile nutzen 17 Prozent der Angestellten in der EU die Möglichkeit zum Home Office. Bei den Selbständigen ist die Zahl hingegen ungleich höher, da niemand für einen gut ausgestatteten Arbeitsplatz sorgt außer der / die Selbständige selbst. Jene Länder mit den höchsten Raten an flexiblen Arbeitsplätzen sind Dänemark, Schweden und die Niederlande. Österreich befindet sich im Mittelfeld und Deutschland im hinteren Drittel.

Doch schauen wir uns die Vor- und Nachteile des Home Offices einmal genauer an:

Vorteile des Home Office

  1. Familienfreundlich: Das Home Office ist beliebt, da an diesen Tagen die Kinderbetreuung nach der Schule nicht extra organisiert werden muss und man sich die Zeit mit den Kindern flexibel einteilen kann.
  2. Flexibel: Working 9 to 5 ade! Früh mit der Arbeit beginnen und dafür am Nachmittag einen Spaziergang in der Sonne unternehmen? Dafür am Abend noch eine schnelle Stunde am Computer einschieben? So viel Lebensqualität geht im Home Office!
  3. Kostengünstig: Gerade Selbständige können oder wollen sich kein eigenes Büro oder einen Schreibtisch im Coworking leisten. Daher wird von vielen der ungenutzte Wohnraum zum Büro umfunktioniert und nur für Meetings mit Kund*innen zusätzlicher Raum angemietet.
  4. Zeitsparend: Das Home Office liegt meistens nicht mehr als 15 Meter von der Küche entfernt. Für die Wegstrecke zum Büro muss man meistens mindestens eine halbe Stunde einrechnen. Dadurch gewinnt man Freizeit.
  5. Produktiv: Für alle Beteiligten – Arbeitgeber*innen, Arbeitnehmer*innen und Selbständige – ist die verbesserte Produktivität das schlagende Argument. Durch die Ungestörtheit und das gute Arbeitsklima steigert sich die Produktivität enorm.
  6. Konzentriert: Im Home Office stört nichts und niemand: kein surrender Drucker, kein ewig klingelndes Telefon und auch nicht der laut sprechende Kollege. Viele ziehen sich daher gerne für konzeptives Arbeiten in die Ruhe der eigenen vier Wände zurück.
  7. Angenehm: Zu Hause fühlt man sich meistens am wohlsten und  – Hand auf’s Herz – wer wirft sich schon für’s Home Office ins Kostüm oder in den Anzug? Mit der Lieblingstasse und der ausgebeulte Jogginghose auf der Couch sitzend zu arbeiten sind attraktive Anreize für die Arbeit von zu Hause.

Nachteile des Home Office

  1. Überfordernd / stressig: Gerade die positiven Seiten des Home Office wie verbesserte Produktivität und Flexibilität kehren sich oft ins Gegenteil um: Die Arbeitstage beginnen früher und enden später. Durch den Wegfall der Störungen während der Arbeit, kommt es kaum zu Unterbrechungen zum Durchschnaufen. Pausenzeiten werden nicht eingehalten. Dadurch entstehen bei häufigem Home Office Überforderung und Stress.
  2. Prokrastination: Die eigene Wohnung bietet eine Vielzahl an Ablenkungen: Der Geschirrspüler sollte ausgeräumt, die Wäsche aufgehängt werden. Und natürlich ist da auch noch Netflix. Bei mangelnder Disziplin kann es leicht zu „Aufschieberitis“ kommen und ein Tag im Home Office muss irgendwann später eingebracht werden. Prokrastination ist sicher die größter Gefahr beim Arbeiten zu Hause.
  3. „Überstunden“: Durch den Wegfall der Fahrtzeiten und der Störungen kommt es bei der Arbeit zu Hause zu einer höheren täglichen Netto-Arbeitszeit als im Büro. Bei Selbständigen mag das gut für das Geschäft sein, Arbeitgeber*innen fürchten sich aber vor dem unkontrollierbaren Anwachsen an Überstunden.
  4. Abgrenzung beruflich – privat: Der Arbeitstag im Home Office hat keine „natürlichen“ Grenzen, er verläuft zumeist sehr flexibel. Die Arbeit wird durch reproduktive Tätigkeiten (Hausarbeit, Betreuungszeiten) und Freizeit durchbrochen. Es verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. Es entsteht das Gefühl, immer zu arbeiten oder gar nichts weitergebracht zu haben.
  5. Fehlende soziale Interaktion: So lästig nervende Arbeitskolleg*innen auch sein können, so einsam kann es im Home Office auch werden. Gerade Selbständige können ein Lied davon singen, wenn sie oft tagelang das Haus nicht verlassen und nur vor dem Computer sitzen.

Die Lösung: die 3 P’s

Planen und Grenzen setzen

So unattraktiv diese Maßnahme ist, so effektiv ist sie: Eine gute Wochenplanung hilft sowohl gegen Überforderung als auch gegen Prokrastination.

Nehmen Sie Ihren Kalender zur Hand oder laden Sie sich zum Beispiel meinen geprüften Wochenplaner herunter.

Überlegen Sie sich: Was alles steht in dieser Woche an? Danach tragen Sie sich alle Termine ein, und ich meine wirklich alle: Vergessen Sie auch nicht auf den Kindergeburtsag, für den Sie einen Kuchen backen müssen, den Besuch bei den Eltern oder Ihr Fitnesstraining.

Markieren Sie sich Ihre Arbeitszeit im Home Office im Kalender und kontrollieren Sie die geplanten Pausen und Beginn- und Endzeiten der Arbeit. Gegebenenfalls kommunizieren Sie Ihre Arbeitszeiten auch an Ihre Familie und an Freund*innen, denn Home Office wird von vielen Menschen oft als Zeit, in der man „eh nicht arbeiten muss“ gleichgesetzt.

Pausen einhalten

Halten Sie die von Ihnen geplanten Pausen auch ein und schaffen Sie die Rahmenbedingungen für Entspannung. Das bedeutet NICHT, dass Sie schnell einen Kaffee und ein Sandwich vor dem Computer verzehren. Wechseln Sie die Umgebung und legen Sie Ihr Mobiltelefon weg. Überlegen Sie sich doch, einen kurzen Spaziergang zu unternehmen! Das steigert die Kreativität und die Konzentration.

Wann starten Sie in Ihren Arbeitstag und noch wichtiger, wann beenden Sie ihn? Seien Sie konsequent, wenn Sie den Arbeitstag beendet haben und beginnen Sie nicht wieder zu arbeiten, wenn spätabends ein wichtiges E-Mail kommt. Auch wenn das Büro nur wenige Meter vom Wohnzimmer entfernt liegt, sollten Sie standhaft bleiben.

 

Produktivitätstechniken gegen Prokrastination

Eat the Frog oder auf gut steirisch: friß die Krot‘: Kennen Sie das auch? Sie müssen einen wichtigen und / oder unangenehmen Anruf erledigen und schieben ihn über Stunden hinweg auf und werden immer nervöser. „Eat the Frog“ bedeutet, das Unangenehme oder Wichtige gleich zu Beginn der Arbeitszeit zu erledigen. Damit können Sie sich danach entspannt den anderen Aufgaben widmen.

Planen Sie Ihren Tag, indem Sie sich nicht zu viel vornehmen und diese Aufgaben auch priorisieren. Die „Ivy Lee-Methode“ unterstützt Sie dabei, in dem Sie sich pro Arbeitstag nur sechs Aufgaben vornehmen. Sie beginnen mit der dringendsten Aufgabe und arbeiten diese ab bevor Sie mit der nächsten beginnen. Wie die „Ivy Lee-Methode“ genau funktioniert, lesen Sie hier: Zeitmanagement für Minimalisten.

Arbeitsspeicher entleeren: Während der Arbeit kommen oft Ideen oder entstehen neue Aufgaben. Um die Konzentration nicht zu stören und das Gehirn zu entlasten, sollten Sie immer einen Notizblock bei sich liegen haben, auf dem Sie diese Gedanken notieren.

 

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