Mit dem Kippen des Arbeitsmarktes von einem sehr engen Nachfragemarkt zu einem flexiblen Angebotsmarkt durch die Pensionierungswelle der Baby Boomer-Generation fragen immer mehr Menschen um Begleitung beim Jobwechsel nach.
Was heißt das?
Durch den Arbeitskräftemangel können sich die gut ausgebildeten, wechselwilligen Arbeitskräfte nun aussuchen, bei welchem Unternehmen sie arbeiten möchten. Im Gegensatz dazu bestimmten zuvor jahrzehntelang die Unternehmen, wie passende Arbeitnehmer:innen auszusehen hätten und wie viele diese im Gegenwert für ihre Leistung verdienen sollten.
Der Effekt war, dass arbeitsuchende Arbeitskräfte froh sein mussten, wenn sie einen Job fanden, der einigermaßen ihren Kenntnissen, Bedürfnissen und Wünschen entsprach.
Das hat sich nun gewandelt. Der Arbeitsmarkt ist – auch trotz der Eintrübung der Wirtschaft durch Rezession und Inflation – so gut wie nie zuvor. Arbeitskräfte haben nun, meist erstmalig in ihrem Leben, die Chance, sich aussuchen zu können, was sie, aber vor allem wie sie arbeiten möchten.
Unternehmen ihrerseits gehen nun verstärkt dazu über, zuzuhören und Arbeitskräften den Einstieg so attraktiv wie möglich zu machen. Tickets für den öffentlichen Verkehr, Home Office-Tage oder sogar Einstiegsprämien werden als Incentives angeboten. Weiterbildung oder Aufstiegschancen sind nunmehr nicht mehr nur schöne Wörter auf dem Papier.
Aber was sind nun die Gründe, warum Menschen ihre Arbeitsstelle wechseln wollen?
Die Gründe für einen Wechsel haben sich durch die Erfahrungen in der COVID-Pandemie nur teilweise verändert. Home Office und Kurzarbeit haben die Arbeitnehmer:innen zwar die Frage stellen lassen, wie sie in Zukunft arbeiten wollen. Durch die nach der Pandemie einsetzende Inflation denken viele aber wieder erstrangig an die Absicherung ihres Lebensstandards.
So ist und bleibt der Wunsch nach einem höheren Gehalt der Hauptgrund für einen Jobwechsel – da sind sich die Institute Gallup, Statista, Forsa oder Karriere.at einig. Was auf den weiteren Plätzen kommt, ist neu und lässt sich gut mit den Veränderungen durch die Pandemie und auf dem Arbeitsmarkt erklären.
Kamen vor der Pandemie auf den Plätzen zwei und drei die Wünsche nach einem sicheren Arbeitsplatz oder flexibleren Arbeitszeiten (Studie „(R)Evolution Arbeit“ von karriere.at, Juni 2019), sind es nun Gründe wie schlechtes Arbeitsklima oder Unzufriedenheit mit der Führung, warum Arbeitnehmer:innen neue Jobs suchen.
- Statista nennt eine ins Stocken geratene Karriere und Unzufriedenheit mit der Führungskraft auf Platz 2 und 3 (Befragung in Deutschland, Oktober 2022) der Wechselgründe.
- Eine gute Zusammenarbeit und flexible Arbeitszeiten bewegen laut Forsa im Januar 2023 die Arbeitskräfte zum Jobwechsel.
- Eine Studie, die Karriere.at im Juni 2022 in Auftrag gegeben hat, fand heraus, dass neben einem höheren Gehalt, die schlechte Stimmung im Unternehmen und die Unzufriedenheit mit den derzeitigen Arbeitsbedingungen ausschlaggebende Gründe sind, den Arbeitsplatz zu wechseln.
- Gallup beschreibt im State of the Global Workplace 2023 Report die Gründe für „Quiet quitting“ als ein Mangel an wertschätzender Führung, der Wunsch nach besserer Bezahlung und eine ausgeglichene und humane Arbeitsbelastung.
Was sind meine Erfahrungen aus der Coaching-Praxis?
In den letzten Jahren habe ich dutzende gut qualifizierte Arbeitnehmer:innen gecoacht und beraten, ob sie ihren Job wechseln und wie der neue, bessere Arbeitsplatz ausgestaltet sein sollte.
Und ich kann zwei Dinge sehr genau, wenn auch nicht durch eine empirische Umfrage belegt, festhalten:
Das Gehalt ist selten ausschlaggebend für einen Jobwechsel. Die Coachees wollten natürlich weiterhin gut leben und ihren Lebensstandard halten, dennoch war ein besseres Gehalt nie der ausschlaggebende Grund für einen Jobwechsel.
Die meisten der Coachees hatten aufgrund der mangelnden Wertschätzung im Unternehmen genug. Sei es nun, dass über Jahre die Leistung für das Unternehmen kaum wahrgenommen wurde, ihre Ideen ignoriert oder die Führungskraft nie erreichbar war oder die Mitarbeitenden in Meetings schlecht machte. Nicht existente Wertschätzung ist meiner Erfahrung nach jener Grund, der gute und engagierte Arbeitnehmer:innen verzweifeln und abspringen lässt. Sehr oft hält sie dann noch die Loyalität zu den anderen Kolleg:innen, die im selben Boot sitzen, aber irgendwann ist auch dieser Grund aufgebraucht.
So werden Sie sich klar, ob auch Sie einen Jobwechsel in Erwägung ziehen sollten!
Ich habe eine Auswahl an Fragen für Sie zusammengestellt, anhand derer Sie selbst überprüfen können, ob Sie den Sprung wagen sollten:
- Was gefällt Ihnen (noch) am aktuellen Job?
- Gibt es Chancen, dass sich die Situation am Arbeitsplatz verbessern könnte?
- Was wünschen Sie sich sehnlichst an Ihrem Arbeitsplatz? Welchen Stellenwert hat das in Ihrem Leben?
- Wo sehen Sie sich selbst in fünf bis zehn Jahren?
- Welche Chancen und welche Risiken würde ein Jobwechsel für Sie bedeuten?
Und noch ein ehrlicher Tipp von mir:
Wenn wir vor schwierigen Entscheidungen stehen, neigen wir alle dazu, nur gewisse Dinge zu sehen und unangenehme Sachverhalte auszublenden. Wir denken einfach subjektiv.
Lassen Sie sich bei dieser Entscheidungsfindung begleiten! Mit einem Coaching können Sie im vertrauensvollen Umfeld alle Möglichkeiten, die Sie haben, in Erwägung ziehen!
Weiterführende Links:
- Studie „(R)Evolution Arbeit“ von karriere.at, Juni 2019
- Warum bewerben Sie sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis auf einen neuen Job?, Statista, Oktober 2022
- karriere.at-Umfrage: „So ticken Kandidat*innen 2022“
- State of the Global Workplace 2023 Report von Gallup